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Geräusche aus dem Keller

Eigentlich hatte ich schon länger vor, hier mal einen Blog-Beitrag aus der Entwicklungsabteilung beizusteuern, aber dann haben sich immer wieder dringende bzw. wichtige Features davorgeschoben.

Ich möchte gerne über eine interessante Herausforderung schreiben, die Schriftdarstellung in DramaQueen. Schriftdarstellung? Darunter stellt sich bestimmt jeder etwas anderes vor. Ich meine damit: Am Anfang gibt es eine weiße Fläche, dann will DramaQueen bestimmte Schriftzeichen lesbar machen und irgendein mysteriöser Programmteil kümmert sich darum, dass in der weißen Fläche bestimmte Pixel schwarz werden, andere weiß bleiben und einige sogar verschiedene Grautöne annehmen. Von weiter weg ergibt das dann lesbaren Text.

Aber es gibt ein paar wichtige Erwartungen an die Schriftdarstellung. Die meiste Software benutzt einfach einen fertigen Programmteil, den das System (Mac OS, Windows, etc.) selbst zur Verfügung stellt. Das hat DramaQueen am Anfang auch gemacht. Aber damit ergaben sich später einige Probleme.

Drehbücher folgen einem recht strikten Formatierungsstandard, damit sie untereinander vergleichbar sind. Wenn man die teils lückenhaften und mehrdeutigen Quellen zu einem Gesamtbild zusammensetzt, ergeben sich recht klare Regeln für den Layoutstandard der Writers Guild of America: Es gibt feste Einrückungen und Seitenränder. Man soll den original Courier Schriftsatz der IMB Schreibmaschinen benutzen, oder eine Schrift mit den gleichen Maßen. Das alte Courier hatte exakt 10 Anschläge pro Zoll und 6 Zeilen pro Zoll. Es gibt eine frei verfügbare Schrift der renommierten Schriftschmiede Bitstream namens “Courier 10 Pitch”. Da sind die 10 Anschläge schon im Namen. Das mit den 6 Zeilen pro Zoll taucht nicht so oft auf. Aber die Information, dass die Schriftgröße 12 Punkte betragen soll. Was genau heißt das jetzt?

Die Maßeinheit “Punkt” im Zusammenhang mit Schrift ist ganz klar definiert: 72 Punkte entsprechen einem Zoll. Die Schrifthöhe ist gleichzeitig der Mindestabstand von der Grundlinie einer Zeile zur nächsten. Beim Layoutstandard der Writers Guild gibt es keinen zusätzlichen Abstand zwischen Zeilen, den so genannten Durchschuss. Vermutlich, weil das bei den alten IBM Schreibmaschinen so war. Wenn man 72 Punkte pro Zoll durch 12 Punkte Schrifthöhe teilt, erhält man deshalb die vorgegebenen 6 Zeilen pro Zoll. In den meisten Schriftprogrammen wird aber der übliche Durchschuss von 20% der Schrifthöhe als zusätzlicher Zeilenabstand eingestellt (auch bei “100%”).

Es hatte sich als unmöglich herausgestellt, die fertigen Programmteile zur Schriftdarstellung dazu zu bewegen, die erwarteten Maße immer exakt einzuhalten. Wenn DramaQueen also “Courier 10 Pitch” als Schrift einstellte und die Größe 12pt, dann kamen die unterschiedlichsten Maße dabei heraus. Aber niemals exakt 10 Anschläge und noch weniger exakt 6 Zeilen pro Zoll. Die Umrechnung von Punkten auf Bildschirmpixel war unterschiedlich und nicht nachvollziehbar und dann kamen noch diverse Rundungen der Maße mit ins Spiel, die DramaQueen nicht beeinflussen konnte. So richtig problematisch wurde es, als wir die Texte-Ansicht frei zoombar gemacht haben. Es passte nichts mehr zusammen, nicht einmal der Textumbruch war bei jeder Zoomstufe gleich.

Aus all diesen Gründen haben wir die Konsequenz gezogen, den Programmteil zur Schriftdarstellung selbst zu entwickeln – und es nicht bereut: Die Lesbarkeit liegt auf dem sehr hohen Niveau des Adobe Readers: deutlich weniger Farbsäume und Artefakte als Windows Cleartype und um einiges schärfer als die Mac OS Schriftdarstellung. Aber eben auch absolut präzise, was die Umsetzung der Schriftmaße auf Bildschirmpixel betrifft. Während meiner Tests war ich verwundert darüber, dass selbst in Final Draft – bei gleicher Seitenvorlage – mal mehr und mal weniger Zeichen auf eine Zeile passen, abhängig davon, ob es die Mac- oder Windows-Version ist. So etwas passiert in DramaQueen nicht, denn es überlässt hier nichts dem Zufall.

Leider war es bis zur Veröffentlichung von DramaQueen BETA 8 so, dass dieser Aufwand etwas auf die Performance gedrückt hat. Gerade wenn die Texte-Ansicht flächenmäßig groß dargestellt wurde, konnten Verzögerungen bei der Texteingabe recht spürbar werden. Aber ich freue mich, dass wir unsere Schriftdarstellung noch einmal deutlich optimieren konnten, so dass Verzögerungen beim Tippen kaum mehr zu erkennen sind. Was bleibt, ist eine absolut präzise Umsetzung der Layoutvorgaben der Writers Guild of America und ein erstklassiges Schriftbild.

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